Donnerstag, 23. Oktober 2008

Menschenbild 1

Milton H. Ericksons Menschenbild (siehe auch frühere Posts)

Jede Therapieform beinhaltet explizit oder implizit ein Menschenbild. Es spiegelt sich in der Umgangsform des Therapeuten mit seinem Klienten wieder und beeinflusst die Wahl seiner therapeutischen Techniken.

Die Annahmen über den Menschen, die der Ericksonschen Hypnose zu Grunde liegen, unterscheiden sich wesentlich von denen der traditionellen Hypnose. Sie entstammen den Erfahrungen, die Erickson im Laufe seines Lebens gesammelt hat - unter anderem durch die Auseinandersetzung mit seinen eigenen zahlreichen Handicaps:

Erickson war von Kind an farbenblind, tontaub und Legastheniker. Im Alter von 17 Jahren
erkrankte er an Kinderlähmung, die er nur knapp überlebte. Um den Anforderungen des Alltags und der Schule gerecht zu werden, zeigte er einen besonderen Ehrgeiz und Einsatz und entwickelte ungewöhnliche Bewältigungsstrategien, sowie eine nicht alltägliche Sicht alltäglicher Erfahrungen.

Allerdings wird von heutigen "Ericksonianern" oft vergessen, dass Milton Erickson durchaus in mehr als 50% seiner therapeutischen Vorgehensweisen sehr traditionell und direktiv vorging - eben überall dort wo er dies für nützlicher hielt. Er hielt sich also selbst sehr streng an sein eigenes Nützlichkeitsprinzip (Utilisation).

Traditionelle und moderne Hypnose
Die traditionelle Auffassung der Hypnose geht von der Suggestibilität (die Fähigkeit des Menschen auf Einflüsterungen zu horchen, auch ohne dies bewusst zu bemerken, zum Beispiel durch Werbung) des Menschen aus:

einer allgemeinen Tendenz, Fremdsuggestionen in gleich lautende Autosuggestionen bzw.
entsprechende Vorstellungen umzusetzen. Das heißt, sofern der Rapport hinreichend ist,
übernimmt der Klient Anweisungen vom Therapeuten - unabhängig von eigenen
Lebenserfahrungen. Im Gegensatz zu dieser dem traditionellen Hypnoseverständnis
innewohnenden Fremdbestimmtheit der Intervention geht Ericksons Therapieauffassung
von einer selbstgesteuerten (autonomen) Veränderung des Klienten aus. Das drückt sich in der Anpassung an die Möglichkeiten des Klienten aus (Nützlichkeitsprinzip). Das heißt, das therapeutische Angebot orientiert sich an den Interessen, der Motivation, den Überzeugungen, dem Verhaltensrepertoir und dem sprachlichen Stil des Klienten. Auch das, was traditionell als Widerstand klassifiziert würde, wird von Erickson als grundsätzlich nützliche Eigenart akzeptiert.
Im Sinne dieser Auffassung wird häufig das Symptom nicht als etwas betrachtet, das zu eliminieren ist, sondern als Ausgangspunkt der Veränderung (bezüglich Dauer, Zeitpunkt, Frequenz, Kontext in dem es auftritt usw.).

Die Ericksonsche Hypnotherapie lässt sich durch folgende anthropologische Grundannahmen charakterisieren:
1. Positives Menschenbild;
2. Einzigartigkeit des Klienten und seines Problems;
3. Veränderungsoptimismus;
4. Das Unbewusste als (Hilfs-) Quelle (Ressource);
5. Natürlichkeit der Tranceerfahrung.

Übermorgen hier mehr über das Menschenbild der modernen Hypnose. Morgen liest Du mehr über Stil und Selbstvertrauen im Blog http://hypnosenetz.blogspot.com.


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